Im Jahr 2025 zahlt ein Vier-Personen-Haushalt in Weidenthal, Rheinland-Pfalz, 577 Euro Netznutzungsentgelte. Die gleiche Familie würde in Ringelai, Bayern, nur 215 Euro zahlen. Und das bei einem identischem Verbrauch. Der Unterschied: 360 Euro jährlich, nur wegen der Postleitzahl. Strom ist Strom, könnte man meinen. Doch ein Blick auf die Jahresabrechnung zeigt: Wo Sie wohnen, entscheidet stark darüber, wie viel Sie zahlen. Diese extreme Ungerechtigkeit trifft Tausende Haushalte in Deutschland. Während Familien in Schwerin, Würzburg, Leipzig oder Rostock vergleichsweise günstig wegkommen, zahlen Bewohner ländlicher Regionen in Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Bayern oft mehrere Hundert Euro mehr pro Jahr.
Der Grund liegt nicht in unterschiedlichen Tarifen oder Anbietern, sondern tief im Fundament unserer Energieversorgung: Die sogenannten Netznutzungsentgelte machen bis zu einem Viertel des Strompreises aus und variieren regional extrem. Besonders betroffen sind Regionen, in denen viel Ökostrom produziert wird. Ein Paradox, das viele Haushalte teuer zu stehen kommt.
Ab 2026 soll sich das ändern. Die Bundesregierung plant eine umfassende Reform, die bis 2029 die Netznutzungsentgelte bundesweit angleichen soll. Doch was bedeutet das konkret für Ihre Stromrechnung? Welche Postleitzahlen profitieren am meisten? Dieser Beitrag zeigt Ihnen, wo in Deutschland die höchsten und niedrigsten Netznutzungsentgelte liegen, was Sie dagegen tun können und was sich in den kommenden Jahren im Bereich Netznutzungskosten ändern wird.
Das Jahr 2026 bringt eine erfreuliche Nachricht für nahezu alle deutschen Haushalte: Die Netzkosten werden kommendes Jahr bundesweit sinken. Eine umfassende Analyse von über 10.750 Gemeinden zeigt, dass 95,8 Prozent aller Orte in Deutschland von deutlich reduzierten Netzentgelten profitieren werden. Im Durchschnitt sinken die Kosten um 64,74 Euro pro Jahr, was einer Reduzierung von 16,53 Prozent entspricht.
Besonders deutlich fallen die Kostensenkungen in den ostdeutschen Bundesländern aus. Mecklenburg-Vorpommern führt die Statistik mit einer durchschnittlichen Senkung von 91,63 Euro pro Jahr an, was einem Rückgang von 24,1 Prozent entspricht. Auch Verbraucher in Berlin und Brandenburg können sich über erhebliche Entlastungen freuen: In der Hauptstadt sinken die Netzkosten um durchschnittlich 88,55 Euro, in Brandenburg um 87,34 Euro jährlich. Hamburg und Schleswig-Holstein folgen mit Senkungen von 84,12 Euro beziehungsweise 74,55 Euro pro Jahr.
Während die östlichen Bundesländer die größten Entlastungen erfahren, fallen die Netzkosten-Senkungen in westdeutschen Regionen moderater aus. Bremen weist mit 34,09 Euro die geringste durchschnittliche Senkung auf, gefolgt von Sachsen mit 39,92 Euro und Nordrhein-Westfalen mit 40,60 Euro pro Jahr. Dennoch profitieren auch hier die allermeisten Verbraucher von niedrigeren Netzentgelten. In Partenstein in Bayern sinken die Netzkosten um 216,30 Euro von 517,50 Euro auf 301,20 Euro – ein Rückgang von 41,8 Prozent. Ähnlich stark profitieren die bayerischen Gemeinden Feichten an der Alz und Tacherting mit Senkungen von jeweils 192,02 Euro, was einem Minus von 43,8 Prozent entspricht.
Auf der anderen Seite gibt es mit vier Prozent einen kleinen Anteil von Gemeinden, in denen die Netzkosten 2026 steigen. Die höchsten Steigerungen verzeichnen Hirschberg an der Bergstraße mit einem Plus von 72,10 Euro und Garbsen mit 61,69 Euro mehr pro Jahr. Wie die Netznutzungskosten in Ihrer Region 2026 ausfallen, können Sie der interaktiven Grafik entnehmen.
Wichtiger Hinweis: Die angegebenen Kosten sind reine Netznutzungsentgelte als Netto-Preise. Die gesetzliche Mehrwertsteuer von 19% kommt noch hinzu.
Warum kostet Strom in Deutschland je nach Wohnort so unterschiedlich viel? Eine Kilowattstunde ist technisch gesehen identisch, doch der Endpreis setzt sich aus vielen Bausteinen zusammen. Einer der größten Preistreiber sind die Netznutzungsentgelte, also die Gebühren für die Nutzung der Stromnetze. Diese variieren nicht nur zwischen Bundesländern, sondern auch stark nach Postleitzahl.
Ein Musterhaushalt mit 3.500 kWh Jahresverbrauch zahlt in Deutschland durchschnittlich 38 bis 42 Cent pro Kilowattstunde. Doch dieser Durchschnitt verdeckt gravierende Unterschiede: In Ballungsräumen wie München, Leipzig oder dem Rhein-Main-Gebiet liegen die Preise oft 5 bis 8 Cent unter denen in ländlichen Gebieten Brandenburgs, Mecklenburg-Vorpommerns oder Schleswig-Holsteins. Deutlich wird das in unserer interaktiven Karte. Die Deutschlandkarte visualisiert die extreme regionale Fragmentierung der Netznutzungsentgelte im Jahr 2025 und offenbart ein komplexes Muster, das weit über ein simples Nord-Süd oder Ost-West-Gefälle hinausgeht. Die Karte zeigt eine stark heterogene Verteilung mit Werten zwischen 215,50 Euro (dunkelblau) und 577,65 Euro (dunkelrot) pro Jahr. Das bedeutet eine Spannweite von mehr als 360 Euro im Jahr 2025. Besonders auffällig sind mehrere regionale Cluster:
Die Netzentgelte setzen sich aus den Netznutzungsentgelten sowie verschiedenen Steuern, Umlagen und Abgaben zusammen. Netznutzungsentgelte bezeichnen den Preis für die Nutzung des Strom- oder Gasnetzes. Also die reinen Kosten für Betrieb, Instandhaltung und Ausbau der Netzinfrastruktur.
Die Antwort liegt in der Struktur unseres Stromnetzes. Während in dicht besiedelten Regionen viele Verbraucher die Netznutzungsentgelte auf wenige Kilometer verteilen, müssen in dünn besiedelten Gebieten lange Leitungen für vergleichsweise wenige Haushalte unterhalten werden. Hinzu kommt, dass Regionen mit starkem Ausbau erneuerbarer Energien, etwa Windparks in Norddeutschland, höhere Kosten für Netzausbau und Stabilisierung tragen müssen. Das Ergebnis: Ausgerechnet dort, wo sauberer Strom produziert wird, zahlen die Anwohner am meisten.
Der Wohnort entscheidet in Deutschland über weit mehr als nur die Zustellung von Briefen. Er bestimmt auch, wie tief Sie für Ihren Strom in die Tasche greifen müssen. Haushalte können allein durch die Wahl ihres Netzbetreibers und ihrer Region eine deutlich höhere finanzielle Last tragen als andere. Die interaktive Karte macht mehrere strukturelle Faktoren sichtbar:
Die hochgranulare Darstellung spiegelt die Fragmentierung in über 800 verschiedene Verteilnetzbetreiber wider. Jeder Punkt auf der Karte repräsentiert ein eigenes Netzgebiet mit individueller Kostenstruktur.
Anders als oft angenommen, ist nicht primär ein Nord-Süd-Gefälle erkennbar, sondern ein deutliches Ost-West-Gefälle. Die neuen Bundesländer profitieren von nach der Wiedervereinigung modernisierten Netzstrukturen und einer effizienteren Netzplanung.
Viele orange-rote Gebiete in Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Bayern korrelieren mit Regionen, in denen der Ausbau erneuerbarer Energien besonders intensiv vorangetrieben wurde. Die Kosten für Netzausbau, Verstärkung und Integration dezentraler Erzeugung schlagen sich direkt in höheren Netzentgelten nieder.
Rund um Großstädte wie Berlin, Hamburg, Leipzig und Dresden zeigen sich hellblaue Bereiche. Hier sorgt die hohe Verbraucherdichte für eine Verteilung der Netzkosten auf viele Haushalte.
Die folgende Übersicht zeigt, wo die Netznutzungsentgelte 2025 am höchsten sind. Diese machen etwa ein Viertel bis ein Drittel des Gesamtstrompreises aus. Bei einem durchschnittlichen Haushalt mit 3.500 kWh Jahresverbrauch ergeben sich daraus folgende Netzkosten:
An der Spitze der kostenintensivsten Netzgebiete liegen drei Gemeinden in Rheinland-Pfalz: Weidenthal führt mit 577,65 Euro pro Jahr, dicht gefolgt von Hochspeyer und Stüterhof mit jeweils 575,75 Euro. Diese extrem hohen Werte lassen sich durch die ländliche Lage, geringe Bevölkerungsdichte und die aufwendige Netzinfrastruktur erklären. Auch bayerische und baden-württembergische Gemeinden wie Rohrdorf (569,18 Euro) und Walldorf (568,85 Euro) rangieren in den Top 5. Auffällig ist, dass selbst auf Platz 10 mit Bad Herrenalb in Baden-Württemberg noch 532,70 Euro anfallen. All diese Werte sind mehr als doppelt so hoch ist wie in den günstigsten Regionen.
Einen deutlichen Kontrast bilden die preiswertesten Netzgebiete, die sich in Schleswig-Holstein, Bayern und Mecklenburg-Vorpommern befinden. Mit Abstand am günstigsten ist Ringelai in Bayern mit nur 215,50 Euro jährlich. Das ist weniger als die Hälfte der teuersten Postleitzahl. Schleswig-Holstein dominiert mit gleich fünf Gemeinden die Liste der Top 10: Wentorf, Wohltorf, Barsbüttel, Glinde und Oststeinbek liegen alle bei 233,97 Euro. Auch Mecklenburg-Vorpommern ist mit Hagenow (231,63 Euro) und Schwerin (227,00 Euro) vertreten. Diese Regionen profitieren von gut ausgebauten Netzen, höherer Bevölkerungsdichte in den betroffenen Gebieten und teilweise von der Nähe zu Windkraftanlagen, deren Einspeisung lokal genutzt werden kann. Interessanterweise finden sich die günstigsten Netznutzungsentgelte ebenfalls in Bayern. Daran wird deutlich, wie stark die Unterschiede selbst innerhalb eines Bundeslandes ausfallen können. Während Rohrdorf traurige Spitze ist, profitieren andere bayerische Gemeinden von außergewöhnlich niedrigen Netzkosten. Der Preisunterschied von über 360 Euro jährlich zwischen günstigsten und teuersten Standorten zeigt eindrücklich, wie stark der Wohnort die Stromkosten beeinflusst.
Nach jahrzehntelangen regionalen Preisunterschieden steht Deutschland vor einer grundlegenden Neuordnung der Netznutzungsentgelte. Die für 2026 geplante Reform der Netzentgelte könnte hier für Entspannung sorgen. Ab 2026 greift eine umfassende Reform, die Verbraucher und Unternehmen schrittweise um insgesamt 1,5 Milliarden Euro entlasten soll. Im Kern geht es darum, veraltete Förderstrukturen abzubauen, die ursprünglich zur Unterstützung dezentraler Stromerzeugung eingeführt wurden, heute aber nicht mehr den Realitäten des Stromnetzes entsprechen. Wenn Netzkosten bundesweit umgelegt werden, würden gerade die extremen Ausreißer deutlich profitieren. Ein Haushalt in Rohrdorf könnte dann jährlich über 500 Euro sparen.
Der Schwerpunkt der Reform liegt auf der Abschaffung der vermiedenen Netzentgelte nach § 18 StromNEV. Diese Vergütungen erhalten Betreiber konventioneller Erzeugungsanlagen, die an Verteilernetze angeschlossen sind, wobei Solar- und Windanlagen explizit ausgenommen sind. Die Regelung stammt aus einer Zeit vor über 25 Jahren, als man davon ausging, dass lokal erzeugter Strom auch lokal verbraucht wird und dadurch die übergeordneten Netze entlastet werden. Diese Annahme hat sich als überholt erwiesen: Auch dezentral erzeugter Strom wird heute zunehmend über längere Strecken in die Verbrauchszentren transportiert. Zudem müssen nachgelagerte Netze so ausgebaut sein, dass Regionen jederzeit aus vorgelagerten Netzen versorgt werden können, beispielsweise wenn dezentrale Anlagen nicht verfügbar sind. Die vermiedenen Netzentgelte belasten Stromverbraucher derzeit mit rund einer Milliarde Euro jährlich und machen im bundesweiten Schnitt etwa drei Prozent der Netzkosten aus.
Wichtig zu verstehen ist, dass die Reform ausschließlich die Netzentgelte betrifft. Steuern wie die Stromsteuer und die Mehrwertsteuer bleiben vollständig unverändert. Auch die Konzessionsabgabe, die Gemeinden für die Nutzung öffentlicher Wege durch Stromleitungen erheben, ist nicht Teil der Reform. Gleiches gilt für verschiedene Umlagen wie den KWK-Aufschlag (Kraft-Wärme-Kopplung) oder die Offshore-Netzumlage. Diese können zwar durch separate politische Entscheidungen angepasst werden, fallen aber nicht in den Zuständigkeitsbereich der Netzentgeltreform. Die Entlastung betrifft also ausschließlich den Netzentgelt-Anteil der Stromrechnung.
Die Bundesnetzagentur hat sich bewusst gegen eine sofortige Abschaffung entschieden und stattdessen einen gestaffelten Abbaupfad gewählt. Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur, begründet dies mit der Notwendigkeit, den Betreibern dezentraler Erzeugungsanlagen ausreichend Zeit zur weiteren Planung einzuräumen. Die Bundesnetzagentur will die Netznutzungsentgelte schrittweise angleichen jährlich um 25% – bis sie 2029 fast vollständig wegfallen. Der konkrete Zeitplan sieht folgendermaßen aus:
Diese schrittweise Reduzierung soll über die drei Jahre 2026 bis 2028 insgesamt etwa 1,5 Milliarden Euro an Einsparungen für Netznutzer bringen. "Eine Subvention von Kraftwerken durch sogenannte vermiedene Netzentgelte zu Lasten der Verbraucherinnen und Verbraucher ist nicht mehr zeitgemäß", betonte Müller bei der Vorstellung des Festlegungsentwurfs im April 2025. Die bestehende Regelung zu den vermiedenen Netzentgelten würde ohnehin durch die Aufhebung der Stromnetzentgeltverordnung zum 31. Dezember 2028 auslaufen. Mit der frühzeitigen Festlegung schafft die Bundesnetzagentur jedoch Klarheit und einen berechenbaren Übergang für alle Beteiligten. Für Verbraucher bedeutet die Reform mittelfristig spürbare Entlastungen bei der Stromrechnung. So ist ein wichtiger Schritt zur Modernisierung der Netzentgeltstruktur im Zeitalter der Energiewende festgelegt.
Die enormen regionalen Unterschiede bei den Netznutzungsentgelten zeigen deutlich: Ihr Wohnort hat einen massiven Einfluss auf Ihre Stromrechnung. Während die angekündigte Reform ab 2026 schrittweise für mehr Gerechtigkeit sorgen soll, müssen Verbraucher die aktuell hohen Netznutzungsentgelte noch mehrere Jahre tragen. Doch es gibt konkrete Möglichkeiten, wie Sie bereits jetzt Ihre Stromkosten senken können. Der wichtigste Schritt ist ein gründlicher Tarifvergleich speziell für Ihre Postleitzahl. Da die Netznutzungsentgelte regional festgelegt sind und von allen Stromanbietern gleichermaßen weitergegeben werden, liegt das Sparpotenzial vor allem in den weiteren Preisbestandteilen: dem Energiepreis selbst, der Grundgebühr und möglichen Boni. Ein Wechsel kann je nach bisherigem Tarif mehrere hundert Euro im Jahr einsparen, selbst wenn die Netznutzungsentgelte gleich bleiben. Darauf sollten Sie bei der Auswahl eines neuen Stromtarifs achten:
Die Reform der Netzentgelte ist ein wichtiger Schritt in Richtung mehr Gerechtigkeit im Stromsystem. Bis 2029 sollen die vermiedenen Netznutzungsentgelte vollständig wegfallen und Verbraucher um insgesamt 1,5 Milliarden Euro entlasten. Doch der Weg dorthin ist noch lang, und die grundsätzlichen strukturellen Unterschiede zwischen Stadt und Land, zwischen Windkraft-Regionen und Verbrauchszentren bleiben bestehen. Politisch wird weiterhin diskutiert, wie eine noch gerechtere Verteilung der Energiewende-Kosten aussehen könnte. Mögliche Ansätze sind bundesweite Durchschnittsentgelte oder eine stärkere Förderung ländlicher Netzgebiete durch zentrale Fonds. Diese Debatten sollten Sie verfolgen, denn sie werden bestimmen, wie sich Ihre Stromkosten langfristig entwickeln.
Bis dahin gilt: Nehmen Sie Ihre Stromkosten selbst in die Hand. Ein Tarifvergleich dauert nur wenige Minuten, kann aber einen spürbaren Unterschied in Ihrem Geldbeutel machen. Warten Sie nicht auf die Reform, handeln Sie jetzt und profitieren Sie dann zusätzlich von den kommenden Entlastungen.
Quellen: "Bundesnetzagentur schlägt Senkung der Kosten für Stromnetz vor" | Daten der Netznutzungsentgelte 2025 stammen von GET AG & Preisvergleich.de Stand 10/2025.

Silvia Lehrack
Als Expertin für Energievergleiche beleuchtet Silvia aktuelle Trends rund um Strom, Gas und Energiekosten – praxisnah, verständlich und immer am Puls der Zeit.