15.09.2015
Am Ende waren die Risiken wohl zu hoch und der politische Druck zu groß: Bei seinem geplanten Konzernumbau behält der Energieriese Eon nun doch die Atomkraftwerke und beugt sich dem Druck aus Berlin. Der Vorstandschef will die gesamte Aufspaltung nicht gefährden. Der „alten“ Eon drohen unterdessen in ihrem letzten Geschäftsjahr erneut schwere Verluste.
Düsseldorf - Deutschlands größter Energiekonzern Eon vollzieht bei seiner geplanten Aufspaltung in zwei Teile einen drastischen Schwenk: Anders als ursprünglich vorgesehen, wird das Unternehmen die Atomkraftwerke nun doch nicht in eine neue Gesellschaft auslagern.
„Die deutsche Kernenergie wird nicht auf Uniper übergehen, sondern bleibt in der Verantwortung von Eon“, sagte Vorstandschef Johannes Teyssen am Donnerstag (10. September) in Düsseldorf. Die angestrebte strategische Neuaufstellung ab 2016 werde man aber im Wesentlichen umsetzen. Am Vorabend hatte der Aufsichtsrat die revidierten Pläne abgesegnet.
Teyssen begründete den Schritt mit den hohen Unsicherheiten aus einer neuen Gesetzesinitiative, die die Haftung für Rückstellungen in der Kernenergie regeln soll. Damit werde die Absicht verfolgt, „Eon dauerhaft und in unbegrenzter Höhe“ in einem Geschäftsfeld haftbar zu machen, auf das der Konzern nach der Abspaltung keinen Einfluss mehr hätte. Eine solche „Ewigkeitshaftung ohne operativen Einfluss“ sei für die Eigentümer unzumutbar.
Ein entschlossenes Handeln in der Politik zeige Wirkung, kommentierte der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) indes die Entscheidung des Unternehmens. Da Eon aber an seiner Aufspaltung grundsätzlich festhalte, bleibe das Risiko, dass am Ende die Steuerzahler für die „Ewigkeitskosten“ der Atomenergie aufkommen müssten. Es bleibe ungeklärt, ob die vorhandenen Rückstellungen reichten, um den Atommeiler-Rückbau und die Endlagerung zu bezahlen.
Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) macht sich für ein Gesetz stark, das die Stromkonzerne beim Rückbau der Kernkraftwerke und bei der Endlagerung weitreichend in die Pflicht nimmt. Ziel ist es, die Steuerzahler vor Haftungsrisiken zu schützen. Teyssen hält diese Initiative zwar für „voraussichtlich verfassungswidrig“ - er wolle sich aber nicht auf einen jahrelangen Rechtsstreit einlassen.
Eon betreibt derzeit in Deutschland noch drei aktive Kernkraftwerke und hält Minderheitsbeteiligungen an drei weiteren. Gesteuert werden die Anlagen künftig in eigenständiger Regie von der PreussenElektra - eine Marke, unter der schon früher die Kernkraftwerke bei der Eon-Vorgängerin VEBA gebaut und betrieben wurden.
Es erfolge keine tiefere Eingliederung von PreussenElektra in die künftige Eon, hieß es. Deren Produkte sollen auch nicht Eon-Kunden angeboten, sondern über offene Handelsmärkte verkauft werden.
Teyssen wies erneut den Vorwurf zurück, das Unternehmen wolle sich durch die Abspaltung seiner Verpflichtungen aus der Kernenergie entledigen. „Das war nie der Fall“, beteuerte der Manager.
Zugleich setze Eon auf eine umfassende Einigung für den Atomausstieg mit der Bundesregierung: „Für die Kernenergie gibt es von Anbeginn eine gemeinsame Verantwortung von Staat und Unternehmen.“ Jetzt sei es ihre gemeinsame Verantwortung, die Nutzung geordnet zu beenden.
Im Herbst 2014 hatte Eon entschieden, als Reaktion auf die Energiewende die konventionellen Kraftwerksaktivitäten (Kohle, Gas, Kernenergie) in die neue Gesellschaft Uniper auszugliedern. Die neue Eon sollte sich dagegen ganz auf das Geschäft rund um den Ökostrom sowie auf die Energienetze und den Vertrieb konzentrieren.
Bei Eon bleibt die Stromerzeugung mit fossilen Brennstoffen wegen der niedrigen Großhandelspreise an den Strombörsen weiterhin schwierig. Im dritten Quartal müssen Abschreibungen in der Größenordnung eines „höheren einstelligen“ Milliarden-Euro-Betrags verbucht werden.
Unter dem Strich wird Eon nach einem Fehlbetrag von 3,2 Milliarden Euro im Vorjahr 2015 erneut milliardenschwere Verluste verbuchen. Die Eon-Aktionäre sollen aber unverändert 0,50 Euro Dividende erhalten.
Text: dpa/pvg
Bild: dpa