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Stromnetz-Ausbau: Warum jetzt das Tempo erhöht wird

Foto Kommt der Stromnetz-Ausbau in Deutschland endlich voran?Der bisher mangelhafte Ausbau des Stromnetzes ist eine Achillesferse der Energiewende. Der größte Stromnetzbetreiber Amprion will deshalb deutlich mehr Geld in die Hand nehmen - aber nur, wenn die Behörden die Renditen für die Netze nicht senken. Geht das Pokerspiel auf?

Frankfurt/Main - Deutschlands größter Stromnetzbetreiber Amprion will mehr Tempo beim Ausbau seiner Leitungen für die Energiewende. In diesem Jahr sollen die Investitionen für die Erweiterung und die Erneuerung der Netze auf knapp 550 Millionen Euro wachsen, wie das aus dem RWE-Konzern hervorgegangene Unternehmen in der vergangenen Woche in Frankfurt mitteilte. 2015 hatte Amprion dafür 474 Millionen Euro ausgegeben. Zugleich warnte das Unternehmen vor einer deutlichen Absenkung der Garantierenditen für den Netzbetrieb.

Rund 2.000 Kilometer Stromnetz

Amprion ist für die Planung von zwei wichtigen neuen Stromtrassen zuständig, die vor allem Windstrom aus dem Norden und Osten nach Süden bringen sollen. Rund 2.000 Kilometer neue Leitungen soll das Unternehmen bauen. In den vergangenen Jahren schaffte es gerade einmal 200 Kilometer. Im Bau sind derzeit weitere 40 Kilometer. Für knapp 700 Kilometer läuft inzwischen aber das entscheidende Planfeststellungsverfahren, sodass der Bau bald beginnen könne.

Stabilität forderte der kaufmännische Geschäftsführer, Hans-Jürgen Bricks, bei den garantierten Renditen für den Stromnetzbetrieb. „Ich sehe keine Senkungspotenziale und hoffe auf eine verantwortungsvolle Entscheidung der Bundesnetzagentur.“ Die Behörde will im Herbst über die künftige Verzinsung für die Leitungen entscheiden. Behördenchef Jochen Homann hatte mehrfach angedeutet, dass er angesichts des extrem niedrigen Zinsniveaus für Kapitalanlagen auch die Garantierendite für die Netze senken möchte.

Stromnetz-Ausbau per Erdkabel

Derzeit erhalten die vier Netzbetreiber Tennet, TransnetBW, Amprion und 50Hertz sowie die kommunalen Netzbetreiber auf Neuinvestitionen eine garantierte Eigenkapitalrendite von 9,05 Prozent. Real kämen davon aber auch jetzt schon nur rund drei Prozent bei den Investoren an, sagte Bricks.

Bisher hatte vor allem der erhebliche Widerstand aus der Bevölkerung vielerorts den Ausbau der Netze in Deutschland gebremst. Darauf hat die Bundesregierung inzwischen reagiert. Ein Gesetz sieht vor, dass ein Großteil der neuen Stromautobahnen unterirdisch verlegt werden soll. Die Bundesregierung hofft dadurch auf eine schnellere Umsetzung mit weniger Klagen. Der Vorrang für Erdkabel bei Gleichstrom-Trassen wird allerdings die Baukosten für die Netze um mehrere Milliarden erhöhen. Das müssen die Stromverbraucher zahlen.

Amprion ist die Nummer 1

Die neuen Stromautobahnen werden benötigt, um Windstrom aus Nord- und Ostdeutschland in die Industriezentren im Süden zu transportieren, wo 2022 die letzten Atomkraftwerke abgeschaltet werden. Schon jetzt gibt es teils erhebliche Probleme und Zwangsabschaltungen im Netz, weil für die im Norden produzierten Strommengen das Netz nicht ausreicht. Die Kosten für Eingriffe der Netzbetreiber, um „Blackouts“ zu verhindern, sind zuletzt auf jährlich etwa eine Milliarde Euro gestiegen. Bezahlen müssen auch das die Stromkunden.

Amprion ist mit einer Leitungslänge von rund 11.000 Kilometern der größte der vier Höchstspannungsnetzbetreiber in Deutschland. Drei Viertel der Anteile gehören Finanzinvestoren wie Pensionskassen, Versorgungswerken sowie Versicherungen wie Talanx und Munich Re. RWE selbst hält noch 25,1 Prozent. Im vergangenen Jahr steigerte Amprion seinen Umsatz im Netzgeschäft um 1,3 Prozent auf knapp 1,8 Milliarden Euro. Der Überschuss legte auch dank Einmaleffekten um 14 Prozent auf 171 Millionen Euro zu.

Hintergrundinformationen zum deutschen Stromnetz gibt es im folgenden Video:

Quelle: YouTube/Agentur für Erneuerbare Energien e.V.

Text: dpa/pvg