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Energiepolitik: Interview mit Katinka Königstein (LichtBlick)

Derzeit ist die deutsche Energiewende wieder in aller Munde. Laut neuesten Zahlen des Branchenverbandes BDEW lag der Anteil der erneuerbaren Energien am Strommix im Jahr 2014 bei 25,8 Prozent, wodurch grüne Energie Strom aus klimaschädlicher Braunkohle erstmals überflügelte. PREISVERGLEICH.de fragte bei LichtBlick SE nach, wie der größte deutsche Ökostromanbieter die aktuelle Situation in Deutschland beurteilt. Im Interview klärt Pressereferentin Katinka Königstein über Wettbewerbsvorteile der Erneuerbaren Energien und das Ende der Kohlekraft auf.

PREISVERGLEICH.de: Die Braunkohle bleibt in Deutschland einer der wichtigsten Energieträger und Stromquellen. Glauben Sie, dass Deutschland derzeit zu viel Strom aus Braunkohle produziert? (dazu auch Quelle: http://www.bundesregierung.de/)

K.K.: Die Zeit der Braunkohle ist vorbei. Die Trendwende läuft. 2014 ist die Kohlestromproduktion bereits zurückgegangen. Klimafreundliche Öko-Anlagen machen den schmutzigsten aller Energieträger zunehmend überflüssig. Braunkohlekraftwerke haben einen extrem schlechten Wirkungsgrad und sie verschlechtern die CO2-Bilanz von Deutschland stetig. Es steht daher fest: Deutschland wird seine Klimaziele nur mit einem zügigen Ausstieg aus der Kohlekraft erreichen.

PREISVERGLEICH.de: Man sagt, die Stromerzeugung aus Braunkohle ist inzwischen „sauberer“ geworden. Wie umweltfreundlich bewerten Sie die Braunkohle Energiegewinnung tatsächlich?

K.K.: Braunkohle ist der klimaschädlichste aller Energieträger. Für die gleiche Menge Strom produziert ein Kohlekraftwerk etwa drei Mal so viel CO2, wie ein modernes Gaskraftwerk. Und die Erkenntnisse aus der Wissenschaft sind eindeutig: Nur wenn der Großteil der verbleibenden fossilen Energieträger im Boden bleibt, haben wir eine Chance, den immer spürbarer werdenden Klimawandel einzudämmen.

PREISVERGLEICH.de: Wie beurteilen Sie die Wettbewerbsfähigkeit der erneuerbaren Energien gegenüber fossilen Energieträgern?

K.K.: Die erneuerbaren Energien machen laut dem BDEW einen Anteil von 25,8 Prozent am Strommix 2014 aus und sind so erstmals der wichtigste Energieträger. Wind und Sonne sind im Gegensatz zu fossilen Energieträgern kostenlos . Hieraus ergibt sich bereits ein nicht zu schlagender Wettbewerbsvorteil. Darüber hinaus entstehen durch sie weder Kosten für Klima-, Umwelt und Gesundheitsschäden, wie sie von fossiler Stromerzeugung verursacht werden.

PREISVERGLEICH.de: Aktuell boomt in Deutschland die Stromproduktion, der tatsächliche Stromverbrauch ist hingegen gesunken. Wirtschaftlich gesehen sollten damit die Energiepreise fallen. Bisher ist aus Sicht des Verbrauchers jedoch nichts davon zu spüren. Stromüberschüsse werden dagegen im Ausland verkauft. Ist der Stromexport für die deutschen Stromerzeuger ein gutes Geschäft? (dazu auch Quelle: http://www.manager-magazin.de/)

K.K.: Unbestreitbar kostet die Energiewende Geld. Aber es kann gut sein, dass wir die Spitze des Eisberges bereits erreicht haben. In den letzten Jahren sind die Börsenpreise deutlich gesunken. Jetzt ist erstmals auch die EEG Umlage leicht gesenkt worden. Gestiegen sind dagegen widerholt die Netzentgelte. Sie sind unserer Meinung nach zu hoch. LichtBlick leitet alle Preisvorteile an seine Kunden weiter. 2015 senken wir deshalb zum zweiten Mal in Folge den Preis für unseren Ökostrom.

PREISVERGLEICH.de: Laut Bundesregierung kostet dem Verbraucher die Kilowattstunde (kWh) im Schnitt 29,4 Cent. Welche Möglichkeiten sehen Sie, um die Strompreise in Deutschland für den Verbraucher in Zukunft günstiger zu machen?

K.K.: Die Strompreise würden günstiger ausfallen, wenn die Politik für schärfere Kostenkontrollen bei den von den Netzbetreibern geforderten Netzentgelten sorgen würde. Die Netzentgelte machen zwanzig Prozent des derzeitigen Strompreises aus. Darüber hinaus werden Industrieunternehmen, die besonders viel Strom verbrauchen, fast vollkommen von der EEG-Ökostromumlage befreit. Die Rabatte sollen ihre Wettbewerbsfähigkeit erhalten, sind aber häufig nicht gerechtfertigt. Diese Ausfälle werden von den übrigen Stromkunden mitgetragen. Um die Verbraucher zu entlasten, sollte die Befreiung von Industrieunternehmen auf ein sinnvolles Maß beschränkt werden.

PREISVERGLEICH.de: Der Strompreis erhält außer der EEG-Umlage die KWK-Umlage, die §19-Umlage, die Konzessionsabgabe und die Offshore-Umlage. Denken Sie, dass ein Weiterreichen all dieser Bestandteile an den Endverbraucher gerechtfertigt ist was könnte man daran ändern?

K.K.: Klar ist: Die Kosten der Energiewende müssen von allen Stromverbrauchern getragen werden. Im Grunde sind die Umlagen also in Ordnung. Extrem ungerecht ist aber die Verteilung der Kosten. Während die Verbraucher alle Lasten tragen, wird die Industrie mit vielen Milliarden Euro entlastet – bei der EEG-Umlage und auch bei den Netzentgelten. Faktisch heißt das, dass eine vierköpfige Familie jährlich einen dreistelligen Betrag dafür zahlt, dass die Industrie entlastet wird. Dabei profitieren Unternehmen direkt von den sinkenden Börsenpreisen für Strom. Diese Gerechtigkeitslücke bei der Energiewende muss dringend beseitigt werden.

PREISVERGLEICH.de: Betrachtet man die Höhe der Strompreise innerhalb der EU, belegt Deutschland hinter Dänemark den zweiten Platz. Was denken Sie ist der Grund für ein so hohes Preisniveau?

K.K.: Wie gesagt: Die Energiewende kostet Geld. Man darf aber nicht vergessen, dass auch Energieträger wie Atom und Kohle extrem teuer sind. Anders als bei Wind- und Solarstrom wird ein Teil der Kosten für Atom und Kohle gar nicht über den Strompreis, sondern über Subventionen, das heißt über Steuern finanziert. Windstrom wird heute schon preiswerter produziert als Atomstrom.

PREISVERGLEICH.de: Die EEG Reform sollte neue Impulse für die Energiewende geben. Ist dieser Effekt Ihrer Meinung nach ausreichend eingetreten?

K.K.: Das deutsche Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) ist ein wichtiges Instrument zur Förderung von Wind- und Sonnenenergie, Wasserkraft, Biomasse und Geothermie im Bereich der Stromerzeugung. Das Inkrafttreten des EEG hat für einen wahren Wachstumsschub der erneuerbaren Energien gesorgt. 2014 machten sie 25,8 Prozent des deutschen Strommixes aus! Das EEG hat den Klimaschutz und die Entwicklung der Erneuerbaren-Energien-Branche mit einem hohen Exportanteil vorangebracht. Allerdings werden nun neue Impulse und Gesetze benötigt. Wir müssen schnellstmöglich alte, ineffiziente Kraftwerke außer Betrieb nehmen und die alten Fundamente gegen ein neues Marktdesign ersetzen. Es geht in der neuen Energiewelt um Digitalisierung, Optimierung, SmartGrid und virtuelle Kraftwerke, für die IT-Plattformen wie unser SchwarmDirigent dringend benötigt werden.

PREISVERGLEICH.de: Kann die aktuelle deutsche Energiepolitik mit den Reformen vergangener Jahre ein Vorbild für weitere EU Länder zu sein?

K.K.: Deutschland hat sich gegen die Atomkraft und für die Energiewende entschieden. Mit diesen Entscheidungen kann Deutschland sicherlich ein Vorbild für andere EU Länder sein. Gleiches gilt für das EEG. Es gilt seit Jahren als Exportschlager. Weltweit haben sich fast 100 Staaten und Regionen - darunter 23 der 27 EU-Staaten - die Grundprinzipien des EEG zum Vorbild genommen und in eigene Gesetze übertragen. Allerdings fehlt an vielen Stellen der Weitblick. So müssen zum Beispiel dringend flexible und intelligente Energielösungen gefördert werden und der Ausstieg aus der Kohlekraft schnellstmöglich vorangetrieben werden.

PREISVERGLEICH.de: Einige EU Länder investieren noch immer in Atomenergie. Sind die se Investitionen unter Berücksichtigung der Möglichkeiten alternativer Energieerzeugung noch zeitgemäß?

K.K.: Nein, sicherlich nicht. Spätestens nach den Katastrophen in Tschernobyl und Fukushima sollte allen Regierungen klar sein, dass die Atomkraft keine Alternative ist. Sie ist ein unverantwortbares Risiko für uns heute und für kommende Generationen. Darüber hinaus ist der Atommüll das unendliche Problem der nuklearen Stromerzeugung. Auf der ganzen Welt gibt es auch 50 Jahre nach dem Start der nuklearen Stromerzeugung kein einziges genehmigtes und betriebsbereites Atommüllendlager für diese Abfälle.

PREISVERGLEICH.de: Im Bereich der erneuerbaren Energien sind Wind und Biomasse die wichtigsten Energiequellen. Solltein diese Bereiche weiter investiert werden? Was würden Sie an der aktuellen Investitions- und Subventionspolitik ändern?

K.K.: Die Zeit der Subventionen ist bald vorüber. Die erneuerbaren Energien werden erwachsen. Der Markt und neue Geschäftsmodelle werden in den nächsten Jahren den Ausbau voranbringen. Das ist die gute Nachricht: Die Energiewende hat längst eine globale Eigendynamik, die nicht mehr aufzuhalten ist. Man sieht das an der Kostenentwicklung: Preise für Solarmodule sind in den letzten 25 Jahren um über 90 Prozent gefallen – und sie sinken weiter. Eine ähnliche Entwicklung erwarten wir für die wichtige Batteriespeicher-Technologie.

Die Politik kann diese Entwicklung nicht mehr verhindern – aber sie kann sie bremsen oder beschleunigen. Zur Beschleunigung sind jetzt drei Schritte entscheidend. Erstens ein zügiger Ausstieg aus der Kohlekraft – vor allem für den Klimaschutz. Zweitens muss ein fairer Wettbewerbsrahmen für neue Geschäftsmodelle wie Mieterstrom geschaffen werden. Drittens sollte der Fokus auf das Thema Flexibilität gelegt werden. Wir benötigen ein neues Anreizsystem für Flexibilität. Damit Strom dann erzeugt wird, wenn er gebraucht wird. Das geht nur mit flexiblen Kraftwerken und Speichern.

Logo LichtBlickLichtBlick hat ein intelligentes Konzept entwickelt, mit dem Strom dann erzeugt wird, wenn er gebraucht wird. Wir nennen das SchwarmStrom. SchwarmStrom entsteht in einem dezentralen, hoch anpassungsfähigen Netzwerk. Einzelne Erzeugungsanlagen und Speicher, von Blockheizkraftwerken über Photovoltaikanlagen bis hin zu den Batterien von Elektromobilen verbinden sich darin zu einem unsichtbaren Großkraftwerk. Intelligent gesteuert von einer IT-Plattform, die LichtBlick-Experten entwickelt haben: dem SchwarmDirigent.

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Diese Äußerungen spiegeln die Meinung des Interviewpartners wider und müssen nicht zwangsläufig mit der von PREISVERGLEICH.de übereinstimmen.