04.05.2016
Seit dieser Woche liegt ein Vorschlag für die Finanzierung des Atomausstiegs auf dem Tisch. Völlig offen ist dagegen, wo der hoch radioaktive Atommüll irgendwann dauerhaft landen soll. Ein Überblick über den Stand der Dinge bei der Endlager-Suche.
Berlin - Eine Million Jahre: So lange soll der hoch radioaktive Atommüll im deutschen Endlager vor sich hin strahlen, ohne Menschen zu gefährden. Aber wo? Darüber wird in Deutschland seit Jahrzehnten gestritten. Während es bei der Finanzierung des Atomausstiegs bald einen Kompromiss geben könnte, stehen für die Endlager-Suche noch nicht mal alle Kriterien fest.
Sie sucht eigentlich keinen Standort für ein Endlager, sondern bereitet die Suche nur vor: Sie legt fest, nach welchen Kriterien gesucht werden soll. Das ist heikel, denn dadurch werden bestimmte Standorte natürlich wahrscheinlicher als andere. Ein Grundsatz ist aber: Die Suche ist „ergebnisoffen“, kein Standort wird von vornherein etwa aus politischen Gründen ausgeschlossen.
Bis Ende Juni - denn dann wird die Kommission aufgelöst. Bis dahin muss sie ihren Bericht vorlegen, mit dem sich dann Bundestag und Bundesrat beschäftigen. Dafür soll genug Zeit sein - und zwar bevor der Bundestagswahlkampf startet. Ein geeigneter Ort für ein Endlager soll planmäßig erst 2031 gefunden sein, aber selbst das glauben viele Experten nicht. „Vor 2050 definitiv nicht“, sagt etwa Jörg Sommer von der Deutschen Umweltstiftung. Bundestag und Bundesrat sollen letztlich entscheiden, wohin der Müll kommt. So ein Endlager gibt es bisher übrigens nirgends auf der Welt.
Die meisten Mitglieder sind zuversichtlich, dass sie den Bericht bis zum Juni fertig bekommen. Klaus Brunsmeier vom BUND kritisiert, dass die Zeit zu knapp sei. „Gründlichkeit vor Schnelligkeit, dieses Prinzip wäre dem Thema angemessener gewesen“, sagt er. Auch der Vorsitzende Michael Müller findet, es bleibe zu wenig Zeit für die Beteiligung der Öffentlichkeit. Denn es hängt noch an einigen Punkten. Zum Beispiel bei bestimmten Suchkriterien, bei der Frage, wann Bürger und Gemeinden vor Gericht ziehen dürfen und wie genau sie einbezogen werden, oder beim Umgang mit dem jahrzehntelangen Streit um dem Salzstock Gorleben.
Ja, sogar ziemlich genau: Auf der Homepage der „Kommission Lagerung hoch radioaktiver Abfallstoffe“, wie sie eigentlich heißt, sind massenhaft Protokolle, Gutachten, Briefe und Kommentare einsehbar. Jeder kann der Kommission schreiben oder sich anmelden und in einem Forum kommentieren. Auf der Seite endlagerbericht.de kann man die Teile des Berichts sehen und kommentieren, die schon fertig sind.
Der Plan ist, die hoch radioaktiven Atom-Abfälle mehrere hundert Meter tief in einem Bergwerk zu entsorgen. Als geologische Formationen kommen vor allem Salz, Ton und Granit in Frage. Solche Gebiete gibt es mehrere in Deutschland, besonders viele liegen in Niedersachsen.
Am meisten gesprochen wird über den Salzstock Gorleben, wo sich oberirdisch heute schon ein Zwischenlager befindet. Ob er sich als Endlager eignet, ist schon seit fast 40 Jahren ein Streitthema. In das Erkundungsbergwerk wurde schon viel Geld gesteckt - Kritiker befürchten deshalb, dass am Ende Gorleben als Endlager ausgesucht werden soll. Die Kommissionsmitglieder sehen das anders.
32 Mitglieder plus zwei Vorsitzende, die sich abwechseln. Es sind acht Wissenschaftler, 16 Politiker aus Bund und Ländern und acht Vertreter der Gesellschaft, also aus Gewerkschaften, Industrie, Religionsgemeinschaften und Umweltverbänden. Den Vorsitz haben Michael Müller (SPD), Vorsitzender der Naturfreunde Deutschlands, und Ursula Heinen-Esser (CDU). Es wurde darauf geachtet, die Kommission möglichst ausgewogen zusammenzustellen - entsprechend wird viel gestritten. Die Politiker haben kein Stimmrecht in finalen Kommissionsentscheidungen.
Text: dpa/pvg
Bild: dpa