27.02.2014
Was auf den ersten Blick sehr futuristisch wirkt und eher okkultistisch anmutet, könnte die gesamte Photovoltaik-Branche revolutionieren. Eine Glaskugel aus der Hand des Startup-Unternehmens Rawlemon erzeugt Strom aus Mondlicht.
Die Gewinnung von Strom aus Sonnenenergie ist längst keine Neuheit mehr. Die großen, rechteckigen, schwarzen Platten auf Hausdächern und Feldfluren prägen inzwischen nicht nur das Landschaftsbild, sondern bedeuten einen wichtigen Grundpfeiler der erneuerbaren Energien. Doch nun scheint der Firma des deutschen Architekten André Blößel eine Revolution in puncto Photovoltaik-Anlagen gelungen: eine Glaskugel macht nun Licht zu Strom. Die durchsichtigen Glas-Sphären, welche mit einer Flüssigkeit befüllt sind, bündeln die eintreffenden Lichtstrahlen ähnlich einer großen Linse. In Abhängigkeit von der Größe der Glaskugel treffen die Strahlen mit bis zu 20.000 facher Verstärkung im Brennpunkt zusammen. Dort wandeln Solarzellen sowie kleine wärmebetriebene Generatoren die Energie in Strom um. Da die Lichtkonzentration nach dem Linsen-Prinzip so effizient funktioniert, arbeiten die neuen Sonnenkollektoren nicht nur bei bedecktem Himmel, sondern können sogar die indirekten Sonnenstrahlen, die in der Nacht vom Mond aus die Erde erreichen, in elektrische Energie verwandeln.
Ein Vorzug der Glaskugel im Vergleich zu den üblichen Solarpanelen wurde bereits genannt: Die Generatoren arbeiten auch nachts. Außerdem wird durch die Bündelung der Sonnenstrahlen in der Kugel ein konstanter sowie effizienter Strom geliefert. Die herkömmlichen Photovoltaik-Platten sind fest justiert und somit nicht immer im günstigsten Winkel zur Sonne ausgerichtet. Die speziell entworfene Schwenktechnik der Rawlemon-Kollektoren kann indes die optimalen Winkeleinstellungen vornehmen und somit die Glaskugel in die geeigneten Positionen bringen. Die bereits getesteten Prototypen erzeugen auf einem Viertel der beschienenen Fläche schon so viel Strom wie konventionelle Anlagen auf der gesamten Fläche. Auch optisch haben die Glaskugeln die Nase vorn. Mit ihren glitzernden Sphären und schmucken Aufhängungen sind sie die „Models“ unter den Solaranlagen, optisch also sehr ansprechend.
Das junge Unternehmen mit Sitz in Barcelona konnte die Entwicklung einiger Anlagen bereits zur Marktreife führen. So soll das erste Serienprodukt „Beta.ey“ im September in Erscheinung treten. Dieses handliche Solarladegerät ausgestattet mit einer kleinen Glaskugel erzeugt genug Strom, um Mobiltelefone aufzuladen. Eine Anlage in etwas größerem Maßstab „Beta.ray“ befindet sich derzeit noch im Prototypen-Phase. Mit Glas-Sphäre und Rahmen ist die Apparatur etwa zwei Meter hoch und soll aus Sonnenlicht ausreichend Energie zum Laden eines Elektroautos hervorbringen. Darüber hinaus kann das Gerät weiteren Strom in großen Batterien speichern.
Doch das scheint für Chef André Blößel noch lange nicht das Ende der Fahnenstange. Sein gesetztes Ziel sei es, die Rawlemon-Technologie so weiterzuentwickeln, „dass sie in große Fensterfronten eingebaut werden kann, etwa in Bürogebäuden.“ Die Anlage würden einfallende Lichtstrahlen zu 50 Prozent in Strom sowie thermische Energie umwandeln. Damit würde ein Gebäude über den eigenen Verbrauch hinweg Energie erzeugen und zudem noch auf natürlichem Weg gekühlt, da ein erheblicher Teil der Sonneneinstrahlung abgefangen würde. Die Serienproduktion dieser Bauelemente soll in etwa vier bis fünf Jahren anlaufen. Bis dato können sich die kleinen Kugeln erst einmal beweisen.