19.07.2016
Die Turbulenzen bei Care-Energy nehmen nicht ab. Im Gegenteil: Die Auseinandersetzung des Stromversorgers mit den Netzbetreibern verschärft sich. Zugleich stehen viele Stromkunden vor einer wichtigen Frage: Wollen sie bei der Firma bleiben oder zu einem anderen Anbieter wechseln?
Hamburg - Der Konflikt zwischen dem Energieversorger Care-Energy AG und den Stromnetz-Betreibern weitet sich aus - mit Folgen für tausende Kunden. Das Unternehmen hat nach eigenem Bekunden seinen Vertrag mit dem Netzbetreiber Tennet fristlos wegen falscher Mengenprognosen gekündigt. Zuvor hatte schon der Betreiber 50Hertz wegen ausstehender Umlagen nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) die Verträge mit der Münchner Firma gekündigt, die ihrerseits mit einer Kündigung reagierte. AG-Chef Marco Wiebelt begründete dies damit, „valide Daten zur Stromversorgung“ erhalten zu wollen.
„Die Stromversorger werden mit falschen Zahlen versorgt“, sagte auch der Chef des Hamburger Energiedienstleisters Care-Energy Management GmbH, Martin Kristek, am Donnerstag (14. Juli). Der Dienstleister ist Eigentümer der AG, behauptet aber, keinen Einfluss auf deren Geschäftspolitik zu nehmen. Kristek warf der Bundesnetzagentur vor, Kontrollaufgaben nicht zu erfüllen. „In Deutschland wird mit Vehemenz verhindert, dass Netzbetreiber transparent ihre Karten auf den Tisch legen müssen.“
Durch die Vertragskündigungen wechseln automatisch tausende Kunden zum Grundversorger ihrer Region. Etliche Care-Energy-Kunden haben bereits Rat bei Verbraucherschützern gesucht. So berichtet die Verbraucherzentrale Brandenburg in ihrem Internetportal, Kundenanfragen hätten drastisch zugenommen. Nach ihrer Auffassung steht den in die Grundversorgung gefallenen Kunden ein Sonderkündigungsrecht zu. Außerdem raten die Verbraucherschützer, keinesfalls unklare Rechnungen zu bezahlen. Für korrekte Rechnungen sollten die Zählerstände abgelesen und die Daten dem Netzbetreiber, dem örtlichen Grundversorger sowie Care-Energy mitgeteilt werden.
Zu Spitzenzeiten seien 200.000 Kunden mit Strom versorgt worden, berichtete AG-Chef Marco Wiebelt. Der Kundenverlust betrage 75 Prozent. „Wir wollen mit dem Rest konsolidiert weitermachen“, kündigte er an. Auch Bayernwerk und Schleswig-Holstein Netz haben nach den AG-Angaben die Verträge mit der Münchner Firma gekündigt. Care-Energy habe aber fristgerecht gezahlt, berichtete Wiebelt und kündigte juristische Schritte gegen diese beiden Kündigungen an.
Auch mit der Bundesnetzagentur, der Oberaufsicht über Netzzugang und Wettbewerb, liegt Care-Energy seit Jahren im Clinch. Die Behörde hatte dem Unternehmen jüngst einen Fragenkatalog zur Geschäftsführung, zur Leistungsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit gestellt, der bis zum 13. Juli beantwortet werden musste. „Die Unterlagen sind eingegangen, die Fragen beantwortet worden“, sagte ein Sprecher. Es fehlen nach Firmenangaben noch Führungszeugnisse der Manager, die in der Kürze der Frist nicht beschafft werden konnten. Die Agentur hatte mit einer Million Euro Zwangsgeld gedroht.
Nach Angaben des AG-Chefs hat das Unternehmen für 2015 EEG-Umlage im Volumen von 28 Millionen Euro gezahlt. „Wir sind wirtschaftlich sehr solide und voll handlungsfähig“, ergänzte Wiebelt. Das Umsatzvolumen wurde für 2015 auf 250 Millionen Euro beziffert. Die im Herbst 2014 gestartete Firma mit nur fünf Mitarbeitern sei zu schnell gewachsen.
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Bild: dpa