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Studie: Strompreise in Deutschland - teuer, teurer, am teuersten!

Leipzig, September 2021

Strompreis mit 34,574 Cent pro kWh im Jahresvergleich stabil +++ Neue Rekordpreise in 2021 erwartet +++ Stromkosten steigen und steigen

In einer aktuellen Strompreis-Studie hat das Portal PREISVERGLEICH.de die Strompreisentwicklung in Deutschland untersucht. Demnach ist der bundesweit durchschnittliche Brutto-Strompreis in den Corona-Jahren 2020 und 2021 in der Grundversorgung von Juni 2020 (34,507 Cent pro kWh) bis September 2021 (34,574 Cent pro kWh) um lediglich 0,067 Cent pro Kilowattstunde gestiegen. Die Preiserhöhung mag gering erscheinen, doch kostet der Strom vielerorts erneut mehr als im Vorjahr. Warum dies so ist und eine Besserung nicht in Sicht ist, erfahren Sie in der folgenden Strompreis-Studie. Doch eines vorneweg, die Stromkosten in Deutschland steigen und sind auf einem neuen Rekordkurs.

Strompreisbestandteile im Kostenvergleich - Juni 2020/September 2021

Die Grafik zur Strompreisentwicklung zeigt auf, wie sich die einzelnen Strompreisbestandteile von Juni 2020 bis September 2021 verändert haben. So ist die EEG-Umlage am 01. Januar 2021 von 6,756 Cent auf 6,5 Cent pro Kilowattstunde Strom gesunken. Zudem waren die Netzentgelte mit 7,81 Cent pro kWh etwas günstiger als im Jahr 2020 (7,83 Cent pro kWh). Der Mehrwertsteuersatz lag in den Vergleichsmonaten Juni 2020 und September 2021 konstant bei 19 %. Die zwischenzeitliche Absenkung der Mehrwertsteuer spielt daher keine Rolle.

Im Gegensatz dazu ist der Anteil zur Deckung von Kosten für Strombeschaffung und -vertrieb im Jahresvergleich von 9,86 Cent auf 10,11 Cent pro kWh leicht angestiegen. Diese Entwicklung geht mit einem starken Anstieg der Börsenstrompreise einher: Sie haben laut dem Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE (Fraunhofer ISE) mit derzeit 64,58 Euro pro Megawattstunde (MWh) ein 10-Jahres-Hoch am Spotmarkt für Deutschland erreicht.1 Auf dem Spotmarkt wird Strom kurzfristig gehandelt. Da die jährlichen Börsenstrompreise in 2020 im Durchschnitt noch bei 29,52 Euro lagen, haben sich die Kosten bis heute mehr als verdoppelt.

Um das Risiko stark schwankender Börsenstrompreise am Spotmarkt zu minimieren, beschaffen Lieferanten für ihre Bestands- und Grundversorgungskunden den Strom häufig langfristig oder in Tranchen am Terminmarkt. Dort können Lieferverträge mit einer Vorlaufzeit bis zu 6 Jahren geschlossen werden. Doch auch auf dem Terminmarkt setzt sich der Trend steigender Preise fort. Zum ersten Mal haben in der vergangenen Woche die Preise für das Grundlastband im Folgejahr (Baseload Year Ahead) in Deutschland die Schwelle von 100 €/MWh überschritten.2

Da zwischen dem Stromankauf und der Tarifgestaltung nicht selten etwas Zeit vergeht, wirken sich die starken Veränderungen der Börsenstrompreise nicht immer unmittelbar, sondern häufig erst nach und nach auf die Verbrauchspreise aus. Zudem nutzen viele Verbraucher einen Stromtarif mit Preisgarantie, der für eine festgelegte Zeit gegebenenfalls mit Ausnahme von staatlichen Steuern und Umlagen keine Preiserhöhung zulässt. Fakt ist jedoch, dass wir mit einem starken Anstieg der Strompreise in Deutschland rechnen dürfen. Das gilt zunächst für Laufzeit-Verträge, die keine Preisgarantie mehr berücksichtigen, sowie für Verbraucher, die umziehen und den Strom neu anmelden müssen.

Warum steigen die Börsenstrompreise?

Für die Preisrallye an der Börse gibt es verschiedene Ursachen: Analysten führen den Anstieg der Energiepreise vor allem auf die erhöhte globale Nachfrage nach Steinkohle und Erdgas zurück. Zudem hat sich die deutsche Wirtschaft so langsam von der corona-bedingten Rezession in 2020 erholt, sodass sich der Stromverbrauch wieder auf Vor-Corona-Niveau befindet. Laut des Statistischen Bundesamtes (Destatis)3 wurde der erhöhte Strombedarf aufgrund des windarmen Frühjahrs im 1. Halbjahr des Jahres 2021 vor allem aus Kohlekraft gedeckt. Insgesamt stieg die Stromerzeugung aus konventioneller Energie gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 20,9 % und machte einen Anteil von 56,0 % an der gesamten Stromproduktion aus.

Außerdem verteuerte sich der Ankauf von CO2-Zertifikaten an der Börsen. Nach Angaben des Fraunhofer ISE4 (Auktion EU; Stand 14. September 2021) hat sich dieser Kostenblock fast verdoppelt: Waren im vergangenen Jahr durchschnittlich noch knapp 24,54 Euro pro ausgestoßener Tonne CO2 fällig, sind es in 2021 bisher im Mittel schon 47,09 Euro pro Tonne CO2 – Tendenz steigend, denn die Marke von 60 Euro pro Tonne CO2 wurde am 01. September dieses Jahres erstmals geknackt.

Bereits jetzt berichten zahlreiche Medien von drastischen Strompreis-Erhöhungen und sprechen gar von einem Preisschock. Ein weiterer Strompreis-Anstieg ist angesichts steigender Öl- und Gaspreise mehr als wahrscheinlich.

6 % Preisanstieg in Berlin, Hamburg und Thüringen folgen

Auch wenn Schleswig-Holstein mit einem durchschnittlichen Strompreis von 38,22 Cent pro kWh Strom noch immer absoluter Spitzenreiter ist, ziehen Bundesländer wie Berlin, Hamburg und Thüringen so langsam im Preis nach. In Hamburg steigt der kWh-Preis von 35,98 auf 37,07 Cent pro kWh (Anstieg von 3,04 %) und in Thüringen von 35,04 Cent pro kWh auf 36,17 Cent pro kWh (Anstieg von 3,22 %).

Den stärksten Strompreisanstieg sehen wir jedoch in der Bundeshauptstadt Berlin. Hier zahlen Sie als Verbraucher in der Grundversorgung im Vergleich zum Juni 2020 heute fast 6 % mehr. Bei einem jährlichen Stromverbrauch von 3.500 kWh ergeben sich Mehrkosten von rund 70 Euro. Wie die folgende Stromkosten-Tabelle zeigt, profitieren Verbraucher in Bundesländern, wie zum Beispiel Bremen, Sachsen-Anhalt oder Baden-Württemberg von gesunkenen Strompreisen. Aber auch dort wird der steigende Beschaffungspreis langfristig zu einer Erhöhung der jährlichen Stromkosten führen.

In Schleswig-Holstein ist der Strom mit Kosten in Höhe von 1.337,84 Euro bei einem Verbrauch von 3.500 kWh weiterhin am teuersten. Dem folgen Hamburg mit 1.297,58 Euro und Thüringen mit 1.265,99 Euro.

Fazit zur Strompreisentwicklung in Deutschland

Bislang war der Verbraucherpreis-Anstieg in Deutschland verhalten, jedoch sollte allen Verbrauchern bewusst sein, dass die Stromanbieter die gestiegenen Beschaffungspreise letztlich an ihre Kunden weitergeben. Wann und in welchem Umfang es dazu kommt, ist abhängig von der Beschaffungsstrategie und Vertragsgestaltung der Versorgungsunternehmen. Daher scheint die Preisprognose klar: Die ohnehin schon hohen Strompreise in Deutschland werden teuer, teurer und am teuersten. Inwiefern die neu gewählte Bundesregierung daran etwas ändern kann, bleibt abzuwarten. So steht u. a. die Frage im Raum, ob die EEG-Umlage, als ein hoher Kostenbestandteil, in den kommenden Jahren abgeschafft wird, um private Haushalte und Verbraucher von zu hohen Stromkosten zu entlasten5. Die Energiekosten tragen bereits jetzt dazu bei, dass die Inflation in Deutschland auf 3,9 % gestiegen ist.

Tipp: Sonderkündigungsrecht bei Preiserhöhung nutzen

Im Falle einer Strompreiserhöhung sind die Grundversorger und Stromanbieter dazu verpflichtet, ihre Kunden schriftlich über die Preisanpassung zu informieren. Diese Information ist den Verbrauchern spätestens sechs Wochen vor der geplanten Strompreiserhöhung mitzuteilen. Sind auch Sie von einer Preiserhöhung betroffen, haben Sie ein Anrecht auf die Sonderkündigung Ihres Stromvertrages. Das heißt, dass Sie Ihren Vertrag unabhängig von einer bestehenden Mindestvertragslaufzeit und vertraglich vereinbarten Kündigungsfrist innerhalb von zwei Wochen nach Zugang des Preiserhöhungsschreibens kündigen dürfen. Folglich erhalten Sie so die Möglichkeit, Ihren Stromanbieter schnell und einfach zu wechseln, um ggf. ein günstigeren Stromtarif nutzen zu können.

Nicole Vergin

Nicole Vergin


Nicole berichtet über aktuelle Entwicklungen auf dem Strommarkt und die Auswirkungen auf Verbraucher. Vor ihrer Zeit bei PREISVERGLEICH.de arbeitete sie in verschiedenen Forschungsprojekten im Energiesektor.

Datenbasis

Die Strompreis-Studie von PREISVERGLEICH.de basiert auf einem Jahresverbrauch von 3.500 kWh und berücksichtigt die Durchschnittswerte aller Postleitzahlen. Hierbei handelt es sich um den durchschnittlichen Strombrauch für einen 3-Personen-Haushalt in Deutschland bzw. für eine Familie mit einem Kind. Die Auswertung beruht ausschließlich auf Grundversorgungstarifen ohne Rabatte, wobei die Stromlieferung im Niederspannungsnetz sowie die Messung mit einem konventionellen Stromzähler als Voraussetzung gilt.

Die Daten für die Netzentgelte sowie die (Brutto-) Preise für die Tarifdaten stammen von der GET AG in Leipzig und berücksichtigen einen Mehrwertsteuersatz von 19 % auf den Strompreis sowie eine Stromsteuer in Höhe von 2,05 Cent pro Kilowattstunde Strom. Ermittelt wurden die Durchschnittswerte aller Postleitzahlen.

Zu beachten ist, dass sich die Preisbestandteile wie Beschaffungskosten unterjährig ändern können und Netzentgelte inklusive Messung und Messstellenbetrieb jährlich. Die Bekanntgabe der neuen EEG-Umlage sowie sonstiger Abgaben und Umlagen erfolgt regulär im Oktober des vorangegangenen Jahres.

Quellen:

1 Day Ahead Auktion, volumengewichtet, Stand: 16.09.2021: https://energy-charts.info/charts/price_average/chart.htm?l=de&%3Bc=DE&%3Byear=-1&%3Binterval=year&year=2010&interval=year

2 Datenquelle EEX, am 15. September 2021 betrug der Abrechnungspreis 104,77 €/MWh: https://www.eex.com/en/market-data/power/futures#%7B%22snippetpicker%22%3A%22EEX%20German%20Power%20Future%22%7D

3 https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2021/09/PD21_429_43312.html

4 Auktion EU, Stand 14.09.2021: https://energy-charts.info/charts/price_average/chart.htm? l=de&%3Bc=DE&%3Byear=-1&%3Binterval=year&year=2020&legendItems=00000011&interval=year

5 https://www.zdf.de/nachrichten/wirtschaft/klimaschutz-kosten-eeg-umlage-100.html

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